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Mailand um 1492
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Dieses kleine, anatomisch vollendete Bronzemodell eines schreitenden Hengstes schenkte Leonardo da Vinci der Bianca Maria Sforza zu deren Verlobung mit Kaiser Maximilian I. Original: Staatliche Museen zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz (gilt seit 1945 als verschollen). Mailand um 1492.Bronzeguss mit fein patinierter Oberfläche. Höhe mit Sockel 26 cm.
Leonardo da Vinci – Universalgenie und Leidenschaft
Bildhauer, Architekt, Musiker, Kartograph, Schriftsteller, Ingenieur – ein Universalgenie: das ist Leonardo da Vinci. Ehrfürchtig nähert man sich diesem Urbild eines Künstlers der Renaissance. Unehelich und unstandesgemäß am 15. April 1452 als Sohn eines Notars und einer Magd in Anchiano, einem Ortsteil von Vinci in der florentinischen Provinz geboren, erlebt Leonardo eine freie Kindheit auf dem großväterlichen Anwesen. Mehr schlecht als recht fügt er sich dem Versuch einer geordneten Erziehung. Für einen wohlansehnlichen Beruf, wie dem des Notars, den sein Vater und Großvater ausüben, ist er in etwa so geeignet wie ein Fisch fürs Komponieren. Und doch ist dieser wilde Junge dazu berufen, an Erfindungen zu arbeiten, die wir noch heute bestaunen, Gemälde zu erschaffen, deren Lächeln wie das der Mona Lisa uns über die Jahrhunderte berührt und in seiner Kirchenkunst dem Glauben Nahrung zu geben.
Viel müsste gesagt werden über sein Leben und Arbeiten zwischen Florenz, Mailand, Rom und Frankreich. Doch nur so viel sei gesagt: Das Leben selbst eines Universalgenies im ausgehenden15. Jahrhundert ist geprägt von vielfältigen kriegerischen Wirrnissen, ungeduldigen und oft genug klammen oder geizigen Brotherren und der häufigen Bewerbung um Aufträge. Gute Beziehungen sind nötig, doch Manches bleibt unvollendet.
Will man sich Leonardo nähern, dann ist die ihm zugeschriebene Bronzeskulptur „Cavallo“ – „Pferd“ – der vielleicht sinnlichste Zugang. Aufrecht steht der Hengst da, ein Bein anmutig und ein wenig ungeduldig erhoben, Mähne und Schweif kunstvoll geflochten, die Muskeln in formvollendeter Proportion gespannt. Es ist der Prototyp eines edlen Tieres, das eine wahrhaft „tragende“ Rolle als Reit- und Transporttier, aber auch als Status- und Herrschaftssymbol verkörpert. Bis in die prähistorischen Felszeichnungen in der Höhle von Lascaux in Frankreich reicht seine Symbolik zurück und findet ihren Höhepunkt bei den hellenischen Bronze-Pferden des Reiters von Kap Artemision oder der Statue des römischen Kaisers Marcus Aurelius zu Pferde.
Die Bronzestatue eines Reiterstandbilds zu Ehren Francesco Sforzas, Vater von Ludovico „Il Moro“, an dessen Hof in Mailand Leonardo sich seit 1482 aufhielt, sollte ein wahrhaft großes Werk werden, das erste in dieser Größe seit der Antike: 7 Meter hoch diente die noch ungegossene Statue als Gipsform den eindringenden Franzosen als Schießübung. Die nötige Bronze, um es zu gießen, war für Kanonenkugeln draufgegangen. Jahrelang hatte sich Leonardo dem Studium des Pferdekörpers gewidmet und die edlen Tiere seines Dienstherren mit wissenschaftlicher Akribie gezeichnet. „Ich möchte Wunder erschaffen“, sagte er. Ein Echo dieser titanischen Leidenschaft ist auch dieses weitaus kleinere „Cavallo“ – prächtig in seiner Eleganz, sinnlich in seiner Vollkommenheit.
Susanne Guidera
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