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Trophäe

Roman - Empfohlen von Tanja Rest, Süddeutsche Zeitung

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Beschreibung

Gaea Schoeters' Roman ist ein "ethischer Mindfuck" (Dimitri Verhulst) - provokant, radikal und eine erzählerische Ausnahmeerscheinung. Am Ende bleibt die Frage: Was ist ein Menschenleben wert?

Gaea Schoeters preisgekrönter Roman ist von einer außerordentlichen erzählerischen Wucht. Die Tiefenschärfe, mit der sie die Geräusche und Gerüche der Natur beschreibt, lässt einen sinnlich erleben, was einen moralisch an die Grenzen zwischen Richtig und Falsch führt.
Hunter, steinreich, Amerikaner und begeisterter Jäger, hatte schon fast alles vor dem Lauf. Endlich bietet ihm sein Freund Van Heeren ein Nashorn zum Abschuss an. Hunter reist nach Afrika, doch sein Projekt, die Big Five vollzumachen, wird jäh von Wilderern durchkreuzt. Hunter sinnt auf Rache, als ihn Van Heeren fragt, ob er schon einmal von den Big Six gehört habe. Zunächst ist Hunter geschockt, aber als er die jungen Afrikaner beim flinken Jagen beobachtet ... Ein Roman von radikaler Konsequenz.

Details

Auflage
5. Aufl.
Autor/en
Gaea Schoeters, Lisa Mensing
Erscheinungstermin
13.02.2024
ISBN
9783552073883
Seitenzahl
256
Verlag / Label
Paul Zsolnay Verlag

Empfohlen von Tanja Rest, Süddeutsche Zeitung

Hunter White: Schon der Name des Protagonisten deutet an, dass dieses fantastische, bitterböse, zunehmend wie im Fieberwahn dahinrasende Buch nicht einfach nur eine spannende Geschichte erzählen will. Es geht um Grundsätzliches: um Weiß und um Schwarz, Kolonisatoren und Kolonisierte. Ums Überleben und ums Töten.

Hunter White also hat von seinem vielen, nicht ganz sauber erwirtschafteten Geld eine Lizenz zum Abschuss eines Nashorns gekauft. Es ist der letzte der Big Five, der ihm in seiner Sammlung noch fehlt. In Afrika angekommen (das Land bleibt unbestimmt), meuchelt ihm ein Wilderer die Trophäe dann dummerweise vor der Nase weg. Alles aus? Nicht ganz. Denn nun führt ihn sein Jagd-Guide auf einen Hochstand, von dem aus Hunter einen jungen Buschmann bei der Pirsch auf einen Antilopenbullen beobachtet. Während er fachmännisch den sehnigen Körper des Jungen begutachtet, die Grazie seiner Bewegung, den tödlichen Fokus seines Blicks, während ihn „eine physische, fast erotische Erregung“ durchfährt, sagt der Guide den Satz, der den Wahnsinn ins Rollen bringt: „Schon mal von den Big Six gehört?“

Moment – hat man das gerade richtig gelesen und verstanden? Aber ja. Ein Teufelspakt wird skizziert, nach den Regeln der Trophäenjagd: Im Austausch für das Jagdrecht auf dem Land, das einmal das Ihre war, geben die Dorfältesten den Jungen zum Abschuss frei. Hunter White darf ihn erlegen, bei Bedarf ausstopfen, in die Heimat einführen – wenn er ihn denn erwischt. Der weiße Jäger weist das Angebot zunächst empört zurück. Doch der Anblick des Jungen lässt ihn nicht los, wildert in ihm. Das innere Grauen wird niedergekämpft, ein Vorstellungstermin im Dorf absolviert, bei dem sich Hunter seiner Beute als würdig erweist. Dann beginnt die tagelange Treibjagd, sie führt mitten hinein ins Herz der Finsternis (Anklänge an Joseph Conrads Roman sind nicht nur spürbar, sondern durchaus explizit).

Die Belgierin Gaea Schoeters, die diesen Überraschungserfolg geschrieben hat, ist zuvor niemals auf der Jagd und kein einziges Mal in Afrika gewesen. Wenn man beides aus eigenem Erleben kennt, ist das nahezu unglaublich. Neben sinnlichen und ungeheuer kenntnisreichen Schilderungen der Savanne finden sich in „Trophäe“ auch einige der klügsten Überlegungen zum archaischen Handwerk des Jagens und Tötens, die man jemals gelesen hat.

Das Grauen. Es erfasst einen auf den finalen hundert Seiten mit jeder Pore, wildert in einem, bis man selbst fast den Verstand verliert. Die Frage ist: Wenn Hunter White den schwarzen Buschmann schließlich vor den Gewehrlauf kriegt – wird er imstande sein abzudrücken? Und, falls ja: Was dann?